Description
(Short description)
Marins großes, zwischen Diskurs und Literatur, Leben und Kunst anzusiedelndes Buch zum Komplex des Autobiographischen. In Texten von Stendhal, Rousseau und Montaigne sowie in zahlreichen Gemälden findet Marin die Fixpunkte, auf die hin auch sein eigenes Schreiben konvergiert. Ein faszinierender Parforceritt durch eines der tückenreichsten Gebiete auf literarischem Feld.
(Text)
Wer bin ich? Wer bin ich gewesen? Kann man sein Leben, kann man die eigene Geburt, den eigenen Tod schreiben? Wie sich selbst schreiben? Wie vermag ein Blick zu schreiben? Zwischen Diskurs und Literatur, Leben und Kunst, Stimme und Schrift durchmisst Louis Marin in diesem kunstvoll komponierten Werk den vielschichtigen Komplex des Sich-selbst-Schreibens. Entlang außergewöhnlicher Textlektüren von Stendhal über Montaigne und Rousseau bis Michel Leiris, in Melodien, Liedern, Echos von Stimmen und in der Betrachtung von Gemälden über die Zeiten hinweg entfaltet sich eine Theorie und Praxis des Autobiographischen, die in ihrer Radikalität und Dichte ihresgleichen sucht.
(Extract)
"Jeder sogenannte autobiographische Text fragt bei seiner Niederschrift selbst nach seiner spezifischen Mitteilung an seinen möglichen Leser. Wie kann sich das Verlangen, sich zu schreiben, im Text, in dem es sich erfüllt, als "Text" lesen lassen? Wie dem Leser die eigene Wahrheit zu sehen geben, wie sie mitteilen, wo sich doch das Erzählersubjekt erst im Bericht konstituiert, den es von seinem eigenen Leben erzählt, weil es ihn nicht kennt? Die Mitteilung über sich selbst an den möglichen Leser besteht nur aus Schreibtaktiken, die kein anderes Ziel haben als das verliebte und tödliche Erfassen des Blickes in seinem eigenen Auge, eine Verführung des ich durch sich, wo das einzigartige Wesen, der eigene Sinn in Anschein verdreht sind und sich in die buchstäbliche Unzeichenhaftigkeit auflösen - Exkommunikation - um sich in derselben Bewegung wiederaufzubauen - und zwar jenseits jeglicher Bedeutungsintention - um sich außerhalb jeder transzendentalen Synthese zu reproduzieren , als Echo einer Stimme, die von jeder symbolischen Artikulation "ursprünglich" exkommuniziert ist..."
(Author portrait)
Louis Marin war von 1977 bis 1992 Professor an der École des Hautes Études en Sciences Sociale (EHESS), Paris sowie von 1985 bis zu seinem Tode Visiting Professor an der Johns Hopkins University, Baltimore. Marin war Philosoph, Kunsthistoriker und Semiotiker und hinterließ ein überaus umfangreiches Werk, unter anderem zum Problem der Repräsentation, zur Utopie, dem Autobiographischen sowie zu Kunst und Denken des 17. Jahrhunderts.»Ich bewahre das Gefühl, noch am Vorabend seiner Lektüre zu stehen« Jacques Derrida