Der Gemalte Himmel

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Der Gemalte Himmel

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  • 商品コード 9783442730865

Description


(Text)
Kata und Stefan sind mit dem Schweigen über die Vergangenheit aufgewachsen. Kata entstammt einer ungarisch-jüdischen Familie; Stefan hat seinen Vater, einen Wehrmachtsoffizier, nicht gekannt. Als sich die beiden ineinander verlieben, beginnt Stefan zu mutmaßen, dass Katas Vater jener Mann sein könnte, den seine Mutter während der deutschen Besetzung versteckt gehalten hatte - und der ihr Geliebter war. Auch in Kata keimt ein furchtbarer Verdacht. Die beiden Liebenden trennen sich. Und erst viele Jahre später können sie mit der Vergangenheit und ihrer Herkunft Frieden schließen. Mit diesem sehr eindringlichen Roman, in dem Tessa de Loo persönliche Erfahrungen verarbeitet, gelingt der Autorin wieder ein Stück unangestrengter Vergangenheitsbewältigung.
(Extract)
"Erde
Heute habe ich in Pest meinen Vater beerdigt. Unbemerkt habe ich ein paar Kieselsteine genommen, die das Nachbargrab schmückten, und sie auf die frische Erde geworfen. Ich bin lange genug stehen geblieben, um zu beobachten, wie ein gelbes Kastanienblatt herabschwebte und am Fußende liegen blieb, am Fußende. Heute, nein, gestern habe ich meinen Vater beerdigt. Im Hotel Astoria an der Kossuth Lajos utca 19-21 liege ich mit seinem Sohn im Bett. Ist es Glück, wenn ein dreißig Jahre altes Verlangen in Erfüllung geht? Oder kann es zu spät sein für Glück? Die Unmöglichkeit unseres Zusammenseins hat uns schließlich zusammengebracht.
Im vagen Schein der Nacht gleitet mein Blick über Möbel in imitiertem Empire, über die zerwühlte Bettdecke, über das Gesicht des schlafenden Mannes neben mir. Er hat gesagt, er habe mich immer geliebt. Ich habe erwidert, dass ich das Wort Liebe nicht in den Mund zu nehmen wage, aber dass mein Leben ohne ihn unvollständig gewesen sei, so, als hätte ich meine Bestimmung verfehlt. An jeder Erfahrung hat diese Unvollständigkeit genagt.
Gleich wird er aufwachen. Er wird aufstehen, sich rasch ankleiden, mich hastig küssen und gehen. Wenn ein Verlangen in Erfüllung geht, ist das vielleicht das Schlimmste, was einem widerfahren kann.
Wir hätten einander nicht zu begegnen brauchen. Unter den tausenden flüchtigen Begegnungen, die ohne Fortsetzung bleiben und wie verdunstetes Kondenswasser keine Spur hinterlassen, war diese eine die Ausnahme. Wusste ich es sofort? Nein, ich wusste es nicht. Ja, ich wusste es.
Wenn ich ihn nicht kennen gelernt hätte, wäre mein Leben vielleicht erfüllter gewesen. Erfüllt mit einer Zufriedenheit, wie ich sie bei anderen sehe, einer alltäglichen, in sich ruhenden Zufriedenheit. Abwesenheit von Unglück. Man mag Verachtung dafür empfinden, aber wer in dieser Zufriedenheit lebt, ist sich selbst genug. Ich denke oft an die Möglichkeit, ihn nie kennen gelernt zu haben. Von meinem Ich ohne ihn geht ein großer Reiz aus. Manchmal sehe ich wie auf einem Negativ, von dem es keinen Abzug gibt, mein nicht gelebtes, heiteres Dasein.
Das Gesetz von Ursache und Wirkung jagt mir Angst ein. Eine kleine Ursache und die großen Wirkungen. Meine Großmutter, die auf einer Steintreppe in Buda sitzt und zum ersten Mal ein Cello hört.
Manchmal bin ich sehr müde. Vielleicht ist es zu viel verlangt, die Ereignisse immer wieder heraufzubeschwören. Es erfordert eine krampfhafte, widernatürliche Anstrengung. Es sind die Leben anderer Menschen, die sich durch mich hindurch bewegen, fordernd, unbarmherzig. Sie bringen alles durcheinander, keine einzige Sicherheit ist ihrer maßgeschneiderten Tragik gewachsen. Ich brauche sie, wie sie sind, wie sie waren, um mich zu wappnen. Es hat mir alle Kraft geraubt mitzuerleben, wie ohnmächtig meine Eltern dem Lauf der Dinge gegenüberstanden; ihre Ergebenheit habe ich gehasst.
Ich muss heute über etwas so Banales wie die Inschrift auf einem Grabstein entscheiden. Es ist nicht banal, es wird eine bleibende Erinnerung sein, ein Beweis, dass er gelebt hat. Für wen? Für unbekannte Augen, die kurz auf dem Stein ruhen.
Ach, Jenö Rozsavölgyi, 1915-1995, ob der wohl mit dem Komponisten verwandt ist?
Himmel
Es ist ein breites Doppelbett, das meine gesamte Erinnerung einnimmt. Draußen, tief unten auf der Straße, ist es still; nur hin und wieder hört man das Geräusch eines vorbeifahrenden Autos. Ein Auto, so spät noch, ein verwischter Strich in der Nacht. Ich liege auf der linken Seite, umklammere mit einer Hand den Metallrand. Ich presse die Wange an das kühle Metall. Wenn man auf der linken Seite schläft, belastet man das Herz, sagt meine Mutter.
Vom Bettrand aus schaue ich direkt in den schwarzen Amsterdamer Himmel. Die Nacht ist weit entfernt und ganz nah. Die Matratze wogt auf und ab wie ein Floß auf dem Ozean.
Ich bin achtzehn, ich habe nichts gegen die Nacht. Aber diese eine Nacht, in der ich mich noch befinde, m